15.10.2024
St.Otmars Rekordspieler Martin Engeler ist seit dieser Saison Mitglied des Vorstands und Leiter der Sportkommission. Im Interview blickt er auf die aktuelle Situation, zeigt die verschiedenen Überlegungen auf und erzählt von seinen persönlichen Eindrücken.
Tinu, haben deine Tage derzeit genügend Stunden?
Es ist tatsächlich grad sehr intensiv. Wir wussten ohnehin, dass diese Saison eine Herausforderung wird, auch wenn alles einigermassen planmässig verläuft. Leider ist in den ersten Runden zu viel gegen uns gelaufen, so dass sich die Situation schon enorm zugespitzt hat. Wir werden trotzdem Ruhe bewahren. Die Herausforderung dabei ist, trotz aller Hektik, die im Alltag entstehen kann, den Blick auf das grosse Ganze nicht zu verlieren.
Wie hast du den Weg der jungen Mannschaft bisher erlebt?
Ich bin beeindruckt von Teamgeist, Zusammenhalt und Einstellung. Junge Spieler, Leistungsträger, Trainer-Crew: Alle haben die Herausforderung zu einhundert Prozent angenommen und hängen sich Tag für Tag voll rein, um das maximal Mögliche rauszuholen. Über Vorbereitung und erste Spiele ist eine gute und stetige Entwicklung zu sehen – mit Ausreissern nach oben und unten, wie es in jedem neu zusammengestellten Team normal ist. Auch nach den Ausfällen von Max und Joschua mit bereits reduziertem Kader haben wir das Potenzial und die gute Arbeit gesehen, zum Beispiel beim Auswärtsspiel in Bern oder in der ersten Halbzeit gegen Suhr Aarau. Der zusätzliche Ausfall von Marcus trifft uns nun natürlich besonders hart. Darum Hut ab vor der Reaktion in Zürich, mit einem starken und kämpferischen Auftritt, auch wenn es leider wieder knapp nicht für Punkte gereicht hat.
Hast du eine Erklärung für die aktuell so vielen verletzungsbedingten Ausfälle?
Zuallererst tut mir jeder Ausfall leid für die betroffenen Spieler. Es gibt für einen Teamsportler kaum etwas Schlimmeres, als seiner Mannschaft auf dem Feld nicht helfen zu können. Unsere Spieler betreiben einen sehr grossen Aufwand für den Handballsport und arbeiten auch während dem laufenden Spielbetrieb dreimal wöchentlich mit unserem Athletiktrainer René Wyler an Physis, Athletik und Verletzungsprophylaxe. Vor diesem Hintergrund nehmen wir natürlich auch jede einzelne Verletzung genau unter die Lupe. Wir sehen zum Beispiel kein gehäuftes Auftreten von Muskelverletzungen, sondern müssen schlicht und einfach sehr unglückliche Umstände in den spezifischen Spielsituationen hinnehmen, die zu den einzelnen Verletzungen geführt haben.
Wie kann und will der Verein nun reagieren? Für das Spiel in Zürich am vergangenen Wochenende blieb das Kader vorerst unverändert.
Es gibt zwei Komponenten: Einerseits wollen wir kurzfristig das Kader entlasten, andererseits müssen wir die ganze Saison im Auge behalten. Es ist wichtig, dass wir diese Herausforderung offen angehen und verschiedene Optionen gleichzeitig vorantreiben. Es ist ein laufendes Abwägen zwischen sportlicher Situation, wirtschaftlichen Leitplanken und möglichen Spielern, die zu diesem Zeitpunkt in der Saison überhaupt greifbar sind und uns helfen würden. Wir setzen aktuell alle Hebel in Bewegung, die Telefone und Chatgruppen laufen heiss.
Am Freitag steht der Sechzehntelfinal im Cup auf dem Programm, ausgerechnet gegen den Partnerverein SV Fides. Inwiefern spielt das in den Überlegungen mit?
Es ist völlig klar, dass wir mit Hochdruck an einer Lösung arbeiten und alles in unserer Macht stehende tun. Das gilt für die Sportkommission und den Vorstand genauso wie für die Mannschaft. Ehrlicherweise darf uns eine einzelne Partie, egal welche, dabei aber nicht beeinflussen. Trotzdem steht dieses Spiel natürlich unter besonderen Vorzeichen. Uns ist bewusst, dass Fides bis unter die Haarspitzen motiviert ist und seine Chance wittert. Ich sehe dieses Derby als eine grossartige Sache für unsere Handballstadt St.Gallen: Ein Ernstkampf St.Otmar gegen Fides, und das noch während der Olma.
Stichwort Handballstadt: Wie siehst du langfristig die Rolle von St.Otmar?
In der Ostschweiz haben wir tatsächlich eine besondere Situation, mit sehr vielen Handballvereinen, weit über die Stadt St.Gallen hinaus. «Handballregion» wäre darum der treffendere Begriff. Langfristig muss es gelingen, durch diese Breite und durch die grosse Verankerung unseres Sports in der Ostschweiz auch in der Leistungsspitze noch mehr Wirkung zu erzielen. Ich bin mir bewusst, dass das eine langfristige und erst grob skizzierte Vision ist. Die Umsetzung wird nur Schritt für Schritt in der konkreten Zusammenarbeit vieler Einzelpersonen möglich. St.Otmar sollte dabei schon heute als verlässlicher, fairer und proaktiver Partner vorangehen.
Du wurdest vor zwei Monaten in den Vorstand gewählt. Im Hintergrund unterstützt du den Verein schon länger. Was war deine Motivation?
Ich habe 2012 als Spieler aufgehört und danach St.Otmar und den Handball natürlich weiterverfolgt. sozusagen aber aus «sicherer Distanz». Als ich mich nach knapp zehn Jahren wieder mehr für den Verein engagiert habe, habe ich schnell gemerkt, dass ich die Nähe zum Handball über all die Jahre schon auch vermisst hatte. Übrigens glaube ich, dass viele ehemalige Spieler in einer ähnlichen Situation sind. Wir könnten für unser Otmar-Kernteam noch Verstärkung brauchen und ich hoffe, der eine oder andere Ehemalige lässt sich zum «Comeback neben dem Feld» bewegen.
Was sind aktuell die grossen Aufgaben innerhalb des Vereins?
Die Themen sind sehr vielfältig. Es gäbe so einiges anzupacken, für das leider manchmal auch Zeit und Ressourcen noch fehlen. Auf operativer Ebene sind Noah Haas als unser Geschäftsführer und Leiter der Geschäftsstelle sowie Michael Suter in seiner Funktion als Sportchef und Trainer die zentralen Personen. Ich möchte ein grosses Lob und Kompliment aussprechen. Es ist nicht übertrieben, die beiden als Handball-Verrückte mit riesigem Engagement für St.Otmar zu bezeichnen. Für uns alle zusammen heisst es «zäme stoh», um die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Und damit meine ich Vorstand, operative Leitung, Trainer und Mannschaft, Helfer und Funktionäre, Partner, Umfeld und Netzwerk – nur gemeinsam werden wir St.Otmar Step by Step vorwärts bringen.
Martin (Tinu) Engeler ist seit August Mitglied des Vorstands und Leiter der Sportkommission, der auch Sportchef Michael Suter und Jan Keller angehören. Martin Engeler spielte bis zu seinem Rücktritt im Jahr 2012 mehr als ein Jahrzehnt für St.Otmar in der höchsten Liga und ist Rekordtorschütze des Vereins. In seiner NLA-Statistik stehen mehr als 350 Spiele und über 1'500 Tore. Dazu bestritt er 38 Länderspiele, unter anderem an der EM 2006 in der Schweiz, und erzielte für die Nationalmannschaft 97 Treffer.
Wir arbeiten voller Freude an einer neuen Website, die im Lauf der Saison online geht. Es werden darum nicht mehr alle Inhalte auf dieser Website aktualisiert. Danke für euer Verständnis - und seid gespannt auf den neuen Online-Auftritt!
TSV St.Otmar Handball St.Gallen
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